Ich hatte hatte mir in den Kopf gesetzt, zwei leichte aber robuste Schilder zu konstruieren. Sie sollten auch Axtschlägen standhalten können. Beim Holz entschied ich mich für Pappelsperrholz, das ich in 6 Schichten querverleimte, um eine optimale Stabilität zu erzielen. Beim Vorgehen verfuhr ich ähnlich wie beim Linothorax. Ich stellte wieder zwei Holzböcke in der Tenne auf und legte eine grosse Holzplatte darauf, um mir einen geeigneten Arbeitstisch zu schaffen, um den ich rundherum zuarbeiten konnte.
Sobald ich die ersten Holzlagen querleimt hatte, legte ich noch ein Brett oben drauf und liess die ganze Geschichte einen Tag lang mit Büchern gepresst trocknen. Am nächsten folgte die nächste Lage… usw. Danach schnitt ich die Rohlinge mit der Stichsäge aus.
Schildbuckel vor dem Schildbau besorgen!
Wichtig ist, dass man zu diesem Zeitpunkt den Schildbuckel bereits zur Hand hat und die Öffnung genau abmessen kann. Bei Fehlern wird der gesamte Schild unbrauchbar.
Bis sich Manu für die endgültige Form und Farbe seines Schildes entschieden hatte, fertigte ich meinen Schild als Erstes an.
Nun wurden die Leinenlagen auf den Schild geleimt. Wichtig ist, dass man die Stoffe noch nicht auf die Schildform zuschneidet. Das wird erst erledigt, wenn alle Lagen verleimt sind. Auch hier entschied ich mich wieder für Holzleim für den Aussenbereich. Denn die historischen Klebstoffe lösen sich bei Feuchte auf. Auf der Vorderseite verleimte ich 12 Lagen Leinenstoff und auf der Rückseite 6 Lagen Leinenstoff. Es ist wichtig, dass man selbst hinter dem Schild auch geschützt ist und nicht nach jedem Training blaue Flecken vom eigenen Schild davonträgt. Beim Verleimen der Leinenlagen verfährt man genauso wie beim Linothorax. Drei Leinenlagen verleimen und dann 2 Tage unter einem mit grossen Büchern beschwerten Brett trocknen lassen.
Es ist wichtig, dass man den Leim nur bis knapp an den Holzrand aufträgt, ansonsten kommt da keine Nadel mehr durch. Denn man lässt ca. 10 cm Leinen an den Rändern überstehen. Diese krempelt man später um, um eine optimale Polsterung für den Schildrand zu schaffen, mit dem man später beim Kämpfen auch harte Schläge abfangen muss. Sobald man die Leinenlagen auf beiden Seiten verleimt hat, kommt eine gute Stoffschere zum Einsatz, da man die Leinen 10 cm über dem Schildrand abschneidet.
Wenn dies vollbracht ist, kommen die Kupfernägel, das gewachste Leinengarn und die gute alte Knochennadel zum Einsatz. Mit einem Kupfernagel locht man für das Nähen vor, näht mit dem Leinengarn hinterher und schlägt danach den Kupfernagel gleich in den Schildrand ein. So hat man den Rand doppelt gesichert. Zudem sind Kupfernägel sehr weich und dringen besser durch die Stoffschichten und in das Holz ein und sie halten ziemllich viel aus.
In der Zwischenzeit lässt man die dicke Rohhaut für den Schildrand einweichen. Ich habe dafür Kaurollen für Hunde genutzt. Meine Schäferhündin war von dieser Zweckentfremdung nicht sonderlich begeistert.
Sobald der gesamte Schildrand gepolstert ist, folgt die Versiegelung mit Rohhaut. Dafür nutzt man am Besten wieder die Kupfernägel um die noch nasse Rohhaut an den Schild zu befestigen. Zuvor gibt man Holzleim auf das Leinenpolster und auf die Innenseite der Rohhaut. Der Vorteil dieser Kaurollen ist, wenn sie wieder trocknen, umschliesst sie den Schildrand wie einen Panzer. Sobald die Rohhaut am ganzen Schildrand befestigt hat, schneidet man die überlappenden Teile am Rand ab. Meine Hündin musste leer ausgehen, denn der Leim auf den Schnittresten wäre ihr wohl nicht gut bekommen.
Nun kam der schwierigste Teil. Es galt den Schildbuckel und den Griff zu befestigen. Den Griff habe ich vorsichtshalber mit sechs handgeschmiedeten Nägeln angenietet, da er zig Schlägen standhalten muss. Das Griffloch polsterte ich mit weichem Leder aus, damit die Hand geschont wird und bei Schlägen nicht auf den harten Rand aufschlägt.
Den Schildbuckel habe ich ebenfalls mit handgeschmiedeten Nägeln angenietet und zusätzlich mit Bronzenägel befestigt. Nun mein Schild war soweit fertig. Inzwischen hat sich auch Manu entschieden, welche Form sein Schild letztendlich haben sollte.
Er wollte einen Sechsecker mit rotem Leinen. Seine Schildform hatte ich in weiser Voraussicht 30 cm höher gefertigt und konnte sie nun zurecht stutzen und den Schild fertig stellen.
Während Manu’s Schild noch bei mir in Arbeit war, liess ich mir die Gelegenheit nicht entgehen, um gegen meinen noch „unbeschilderten“ Trainingspartner ins Feld zu ziehen.
Ich war beim ersten Test positiv überrascht. Der Schild ist leicht zu handhaben. Um die Balance muss man sich kaum kümmern. Auch wenn man rennt, stört er kaum. Die Vorteile bei diesem Schild sind, dass man sehr wenig Kraft aufbieten muss, um ihn zu tragen. Er ist sehr leicht zu stützen und federt Schläge und Hiebe gut ab.
Beim Schildbau ist es wichtig, dass einem der Schild gerade bis an die Brust kommt. So hat er die optimale Höhe, um dahinter zu parieren, die Füsse zu decken oder sich kurzfristig dahinter ducken usw. Ist der Schild zu hoch, besteht die Gefahr, dass er einem bei einem Schlag in die obere Schildhälfte ins Gesicht schlägt oder dass man den Gegner zu oft aus dem „Sichtfeld“ verliert, da man den Schild ja immer vor der Nase hat. So wird einem der zu stattliche Schild letztendlich selbst zum hartnäckigen Gegner. Ist der Schild aber optimal auf seinen Träger angepasst, ist er sehr einfach zu handhaben.
Vollbracht! Die beiden Schilder sind fertig und sie sollten sich bewähren. Unser Trainer wollte es genau wissen und testete meinen Schild gleich mal mit ein paar Axthieben. Das Einzige war man davon erkennen kann, sind die hellen Streifen auf der Farbe, die hier auf dem Bild sichtbar sind.
Fazit: Genau wie der Linothorax haben auch Schilde mit Leinenbezug eine hohe Beständigkeit und sind sehr robust. Beide Schilde sind heute noch vorhanden und haben nach all den Trainingstagen lediglich ein paar matte Streifen oder feine Punkte, die daran erinnern, dass damit Jahrelang trainiert wurde.
Kampftraining – Historische Hintergründe nicht vergessen
Unser Training dauerte jeweils einen ganzen Tag. Nach einer Stunde Training erfolgte eine Stunde Geschichte und wieder eine Stunde Training. Dafür schleppte unser Trainer nebst seiner Ausrüstung auch noch ganze Bücherberge mit.
Welche Strategien und Waffen hatten die verschiedenen Völker der Antike? Welche Vor- und Nachteile hatten sie?
Der Grund warum ich einst das Kampftraining begann, lag in der Hauptfrage:“Wie hat es funktioniert?“ Dabei hielt ich mein Augenmerk auf die Materialien, Techniken und Strategien.
Darum war Schaukampf für mich niemals ein Thema. Ich wollte die richtigen Kampftechniken experimentell kennenlernen. Bei uns war ein Kampf daher meist kurz. Unser Trainer, den ich gerne ein wandelndes Lexikon bezeichnete, lehrte uns von Anfang an, wie schnell ein kleiner Fehler, wie zum Beispiel die eigene Deckung für einen Sekundenbruchteil zu vernachlässigen, eine Niederlage bedeutete.
Über Sieg oder Niederlage entschieden viele kleine Details. Es war für mich schon eindrücklich, mich mit der Geschichte und Strategien der antiken Völker auseinanderzusetzen.